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Was dem Feuerwerk Paganinischer Werke seine Faszination verleiht, ist für Bachs Solo-Sonaten kritisch gesehen eine stumpfe Waffe. Das oft betriebene geradezu "fetzige" Spiel nimmt der Violine seine majestätische Größe, degradiert sie gar zuweilen zu einem Instrument, das von dem Bachschen Oeuvre in seine recht eng gezogenen klanglich-technischen Grenzen verwiesen wird.
Die großen geistigen Dimensionen gilt es klanglich zu realisieren. Die Geige muss abheben vom Boden der klanglichen "Ein-Dimensionalität", wobei der Eindruck eines räumlichen Klanges erzielt werden muss, der das faszinierende, seit Stradivari, Guarneri, Seraphin u.a. vollendete Instrument von aller physikalisch-technischen Begrenzung befreit. Der künstliche Hall der Tonbandaufnahme kann solches Spielen nur bedingt ersetzen. Dies zu erreichen, bedarf es des Verbindens der Töne untereinander, ohne Rücksicht auf Tonentfernung, also auch auf Saiten- und Lagenwechsel.
Natürlich benötigen Arme und Finger eine bestimmte Zeit, um einen weit entfernt liegenden Ton zu erreichen. Es ist nur eine musikalisch grundsätzliche Frage, ob ich diese Tonentfernung als musikalische Dimension ansehe. Im letzteren Fall baut sich zwischen den Tönen ein "Kräftestau" auf, der das Tempo quasi vorschreibt und sich in der ständigen Tonfolge zu einer ungeahnten musikalischen Energiequelle umformt.
Beim Spielen von Doppelgriffen stellt das nahtlose Binden ein besonderes Problem dar (Siciliana der g-Moll-Sonate, wie auch bei Regers Adagio und Fuge h-Moll). Das Benötigen derselben Finger nacheinander, ihr gleichzeitiges Versetzen auf verschiedenen Saiten, kann nur in Form einer, wie ich es bezeichne "imaginären Bindung" geschehen. Die Finger benötigen Zeit, sich von einer Stelle zur anderen gleichförmig und ohne Bruch zu bewegen, der Bogenarm hält sie wie an Marionetten-Fäden eine kurze Zeit über der Saite, bis sie auf ihre neue Stelle schier schwerelos aufsetzen. Beide Arme und die linke Hand befinden sich dabei in einer Art Schwebezustand. Dies lässt sich um so leichter bewerkstelligen, je mehr man ohnedies den Bogen weniger mit "Drücken" benutzt, als vielmehr das Streichen mit dosierendem Armgewicht pflegt. Bei nur geringer Spannung der Bogenhaare, die sich dadurch auch elastischer um die Saiten herumschmiegen, kann man bei nicht gekantetem Zustand des Bogens unter Einbeziehen des ganzen Körpers das Akkordspiel geschmeidiger gestalten oder gar zum simultanen dreistimmigen Spiel entwickeln. Durch das Streichen mit dem Armgewicht erreicht man außerdem eine immergleiche "Bandbreite" des Tones in jeder Lautstärke. Es ist sicher kein Zufall, dass eine derart angestrebte Spielweise auch der malerischen Klangpalette impressionistischer aber auch romantischer Werke zugute kommt.




     
 
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